Der Radentscheid hat in heute Stellung zur Ablehnung der Zulässigkeit des Radentscheids durch die Stadtverwaltung genommen:
„Gestern haben wir ein offizielles Schreiben aus der Stadtverwaltung erhalten, in dem mitgeteilt wurde, dass die Verwaltung dem Rat der Stadt empfiehlt, das Bürgerbegehren für nicht zulässig zu erklären. Sie stützt sich dabei auf ein eingeholtes Rechtsgutachten, das die Unzulässigkeit des Begehrens feststellt. Eine entsprechende Pressemitteilung der Stadt Bochum wurde gleichzeitig veröffentlicht. Am 01.04. wird auf einer Sondersitzung des Rats über die Zulässigkeit abgestimmt.
Unsere AG Koordination hat sich im Laufe des Tages einen Überblick über das 40-seitige Gutachten verschaffen und darüber beraten. Sein Fazit: Nach diesem Rechtsgutachten hätten wir das Bürgerbegehren noch nicht einmal in annähernd ähnlicher Form durchführen können.
„Wir bedauern sehr, dass dem Rat nahegelegt wird unser Bürgerbegehren für unzulässig zu erklären. Unser Eindruck: Die Rechtsauffassung, die sich hier findet, macht es nahezu unmöglich über die Frage abstimmen zu lassen: ‚Soll die Stadt Bochum die folgenden verkehrspolitischen Ziele in den nächsten 9 Jahren umsetzen?‘“, so Birgit Isfort vom RadEntscheid. „Unser Anliegen richtet sich an die Politik. Das Bürgerbegehren zielte darauf, dass die Bürger:innen ihre politisch gewählten Vertreter:innen auf diese Ziele verpflichten können. Das Gutachten sagt: Das geht rechtlich aber so nicht. Der Ball bleibt aus unserer Sicht jetzt trotzdem bei der Politik.“
Die rein formalen Aspekte sind nach dem vorliegenden Rechtsgutachten alle zulässig, bemängelt wird die gesamte Konstruktion von Abstimmungsfrage und Begründung, weshalb der Gutachter empfiehlt, das Bürgerbegehren insgesamt für unzulässig zu erklären.
Eine kurze Zusammenfassung der geprüften und bemängelten Punkte:
- Das Gutachten bemängelt zum Beispiel, dass den in den Zielen aufgeführten Themen „der erforderliche Sachzusammenhang“ zum Thema ‚Radwegeausbau‘ fehle. Genannt werden hier zum Beispiel Radschulwegpläne, die Errichtung von Fahrradparkhäusern, die Verringerung der Abbiege-Geschwindigkeit, die Freigabe von Einbahnstraßen für den Radverkehr in Gegenrichtung etc.
- Das Bürgerbegehren ziele zudem nicht auf Sachentscheidungen, über die Bürger:innen selbst abstimmen können, sondern auf eine Entscheidung durch den Rat.
- Außerdem ließe der Text keine „eindeutige Meinungsbildung der Unterzeichnenden […] wegen der unbestimmten Inhalte in verschiedenen Forderungen“ zu.
Die Stadt Bochum schreibt in Ihrer Pressemitteilung, sie ‘bedauere’, dass die RadEntscheid-Initiative ‚Absicherungsmöglichkeiten‘ in Form einer Zulässigkeitsprüfung vorab verzichtet hätte. Wir hatten uns aber bekanntermaßen vor Einreichung des Bürgerbegehrens durchaus unabhängig juristisch beraten lassen.
„Wenn man das Gutachten jetzt liest, kann man sich schon fragen: Wofür hätten wir denn eigentlich ein Bürgerbegehren einreichen dürfen? Ist es dann überhaupt möglich mit dem Mittel der direkten Demokratie auf die umfassende Verbesserung der Radverkehrssituation hinzuwirken?“, so RadEntscheid-Vertreter Benedikt Edeler. „Jetzt sind wir eher froh darüber, dass wir die Prüfung der Zulässigkeit nicht schon vor dem Sammeln der Unterschriften beantragt haben. So hatten wir die Gelegenheit, ein halbes Jahr lang positive Stimmung für das Thema zu verbreiten, eine breite stadtgesellschaftliche Rückendeckung aufzubauen und eine politische Debatte in Gang zu setzen. Das Gutachtens zeigt doch: Mit einer vorherigen Zulässigkeitsprüfung wären wir als RadEntscheid vielleicht nie losgelaufen.“
Das Gutachten wurde von dem Verwaltungsrechtsexperten Prof. Dr. jur. Harald Hofmann angefertigt, der 2020 ein sehr ähnliches bereits für die Stadt Bielefeld erstellt hatte. Auch hier wurde das Bürgerbegehren zunächst für unzulässig erklärt. Ein Gegengutachten erwirkte dann allerdings eine vertragliche Vereinbarung zu den Zielen des Radentscheids mit dem Stadtrat. In Aachen und Marl erklärten die Stadtverwaltungen und der Rat die Bürgerbegehren, die dem RadEntscheid in Bochum sehr ähnlich sind, für zulässig. Dort wurden die Forderungen auch von den Mehrheitsfraktionen angenommen – genau wie in Bonn und Essen. Alle genannten Bürgerbegehren ähneln sich in Form und Inhalt.
Über weitere Schritte wird bei unserer nächsten Vollversammlung des RadEntscheids am Mittwoch, 30.3. (19.00, Ort wird noch bekannt gegeben) beraten. Eine mögliche Klage prüfen wir noch.
Am Tag der Ratssitzung (01.04.) wird es ebenfalls eine Aktion geben, haltet Euch diesen Nachmittag also frei und macht schon mal Werbung!
Der RadEntscheid Bochum ist noch lange nicht am Ende!“