Schulen im Fokus bei Radwende-Demo „Eine Kö für alle!“
Über den Ring zur Königsallee, dort Aktionen an den Schulen, dann noch einmal über den Ring: Mit rund 500 Teilnehmer*innen war die Radwende-Demo trotz des großen Klimastreiks am Freitag gut besucht. Deutlich wurde, dass nach dem enttäuschenden Klimapaket der Bundesregierung die lokale Verkehrswende umso wichtiger ist. Besonders die Situation an den Schulen an der Königsallee zeigt, dass die Radverkehrsmöglichkeiten viel zu unsicher sind und nicht zum Radeln zur Schule einladen.
Eine Kö für alle! Unter diesem Motto hatte das Radwende-Bündnis aus 13 umwelt- und verkehrspolitischen Mitgliedsorganisationen und Einzelpersonen eingeladen. Nach dem großen Klimastreik am Vortag kamen um 14 Uhr rund 500 Radfahrer*innen am Hauptbahnhof zusammen und zogen in einem langen Demozug mit Musik zunächst über den Innenstadtring in Richtung Rathaus, wo Oberbürgermeister Eiskirch den Protest bewundern konnte. Mit immerhin zwei Demonstrationen in zwei Tagen und der Parking-Day-Aktion am Freitag zeigten die Teilnehmer*innen, dass an einer Emissionswende kein Weg vorbei geht. Umso enttäuschter äußerten sie sich in Gesprächen auf der Demo über das wirkungslose Klimapaket, das das Klimakabinett am Vortag beschlossen hatte und mit dem die Kanzlerin zum UN-Aktionsgipfel nach New York reisen will.
„Ein bunter Strauß an Anreizinstrumenten, eine viel zu schwache CO2-Bepreisung, kein Abbau umweltschädlicher Subventionen, nichts Konkretes zum Kohleausstieg. Finanziert durch einen nationalen Emissionshandel, der aber erst in zwei Jahren funktionieren kann – mit einem Einstiegspreis von 10 Euro pro Tonne wirkungslos, wie Wissenschaftler*innen versichern. Stattdessen soll sich mit einer um 5 Cent erhöhten Pendlerpauschale der Stau und die lange Anfahrt noch besser ertragen lassen. Zur Emissionswende führt das nach nicht – das bundesdeutsche Klimaziel 2030 von 55 Prozent Minderung lässt sich so nicht erreichen, Klimaneutralität ab 2036 schon lange nicht“, war das Fazit eines Radwende-Aktivisten.
Umso wichtiger sei deswegen der lokale Kampf für eine Verkehrswende in Bochum. „Die globalen Klimaschutzziele gelten hier genauso, der größte Klimaschutz wird ohnehin in den Städten gemacht – hier leben die meisten Menschen, sind die beste Infrastrukturbedingungen, ist das Potenzial für den Protest und die Umsetzung der Wende am größten.“
Schließlich ist Bochum eine Autostadt: Hier wie im ganzen Land sind die Emissionen des Verkehrs weiter gestiegen. Die Zahl der zugelassenen Fahrzeuge steigt weiter, um ca. 30 pro Tag in dieser Stadt. Etwa 540 sind es in Bochum pro 1000 Einwohner. Im Ruhrgebiet ist es damit König. Um Klimaneutralität im Verkehr zu erreichen, muss die Zahl nach einer Studie des Wuppertal Instituts auf knapp 150 pro 1000 Einwohner in den Städten sinken. Bis 2035, das ist in 15 Jahren.
Wie schaffen wir das? Durch Ausbau von Rad- und Fußverkehr und ÖPNV, durch Abbau fossilen, klimaschädlichen Stadtverkehrs, so die Antwort der Radwende. Für die Königsallee heißt das: Ihre Attraktivität für Rad- und Fußverkehr, für ÖPNV, muss größer werden, automobiler Verkehr muss zurückgedrängt werden. Denn „Eine Kö für alle“ heißt, dass alle Verkehrsteilnehmer gleichberechtigt sind, dass sie genügend Platz haben und nicht von anderen bedrängt werden.
Die Demo-Teilnehmer*innen konnten bei freier Fahrt einen genauen Blick auf die um 1904 gebaute Prachtstraße werfen: Viel zu schmale Rad- und Fußwege, keine Busspur, ungebremster Autoverkehr selbst an den Schulen, Parkstreifen am städtischen Ende, statt Wege für schnellen, sicheren und komfortablen Radverkehr. „So wird das nichts mit dem Umstieg“, lautete das Urteil.
Zudem liegen zwei Schulen an der Straße, zu denen 2000 Menschen täglich pendeln. Die Elterntaxi-Situation ist erschreckend. „Wenn wir wollen, dass Schüler*innen nicht Auto, sondern Rad lernen, sind bessere Rad- und Fußwege Bedingung“, betonten anwesende Lehrer*innen und Eltern. „Die wenigsten Eltern erlauben ihren Kindern den Schulweg mit dem Rad über die Königsallee.“ Die Situation an den Bushaltestellen ist für Wartende und Vorbeifahrende besonders konfliktreich, das wurde auf der Demo mit einer Fahraktion deutlich. Wer die Kö nicht mit dem Auto nutzt, weiß, dass es so nicht weitergehen kann. Eine Emissionswende im Bochumer Verkehr ist möglich: Mit einem starken Ausbau des sicheren und komfortablen Rad- und Fußverkehrs, mit besserem ÖPNV – und weniger Autoverkehr.
Parallel zur Raddemo kündigte OB Eiskirch beim adfc eine mögliche Lösung für die Königsallee an. So sollen zwar vier Autofahrspuren erhalten werden, aber durch die Verengung der Breite, auch getrennte Fuss und Radwege von jeweils 2 Metern entstehen.