Update: Der Alptraum eines jeden Radfahrers
Plötzlich wird die Autotür geöffnet. Auch eine Notbremsung reicht nicht mehr aus. Der Mensch auf dem Fahrrad wird in einen Unfall verwickelt. Häufig kommt es zu schweren körperlichen und psychischen Schäden. Oder gar noch mehr.
Genau so passierte es vor wenigen Tagen wieder einmal in Bochum: Am 12.06.2019 um 12:10 Uhr wurde die Tür eines auf der Herner Straße parkenden Autos geöffnet. Ein 59-jähriger Radfahrer konnte nicht mehr bremsen, stürzte und wurde fast noch von einem LKW überrollt. „Geistesgegenwärtig konnte sich der Mann zum Glück mit seinen Beinen schnell genug vom Radkasten wegdrücken, so dass er nicht unter den Vorderreifen geriet“, zitiert die WAZ die Polizei, siehe WAZ: Radfahrer stürzt nach schwerem Unfall unter fahrenden Lkw.
Eine genauere Analyse zu diesem Unfall und der Situation auf der Herner Straße in einem Leserbeitrag weiter unten.
Unfälle, bei denen Radfahrer in eine sich öffnende Autotür fahren, passieren vergleichsweise selten, sind aber häufig sehr schwer. Das hat eine Studie der Unfallforschung der Versicherer (UDV) auf Basis der eigenen Unfalldatenbank ergeben.
Danach kollidierte bei rund jedem 14. Pkw/Radfahrer-Unfall (7 Prozent) ein Radler mit einer sich öffnenden Autotür, meist der Fahrertür. Rund jeder fünfte dieser Unfälle endete mit einer schweren Verletzung für den Radfahrer. Meist sind es Kopfverletzungen und Verletzungen der Beine (je 40 Prozent).
Oft geschehen diese Unfälle dort, wo es keine separate Radverkehrsführung wie Schutzstreifen oder Radfahrsteifen gibt, also an „normalen“ Straßen, an denen der Radfahrer direkt am parkenden Verkehr vorbei fahren muss. „Parkende Fahrzeuge stellen grundsätzlich ein Risiko für Radfahrer dar. Das muss bei allen Infrastrukturplanungen berücksichtigt werden“, sagt Siegfried Brockmann, Leiter der UDV. Bei der Anlage von Fahrradstraßen sollten deshalb grundsätzlich keine parkenden Autos zugelassen werden. Neben auf der Fahrbahn befindlichen Radfahr- oder Schutzstreifen sollten ebenfalls keine Parkflächen ausgewiesen werden. Wo diese schon vorhanden sind, muss ein mindestens 50 Zentimeter breiter Sicherheitsstreifen markiert werden.
Radfahrer*innen sollten einen Sicherheitsabstand von mindestens einem Meter zur parkenden Fahrzeugreihe halten und auf Signale achten (Fahrer im Auto, aussteigende Beifahrer), die das Öffnen der Fahrertür wahrscheinlich erscheinen lassen. Allerdings ist das bei vielen Autos – SUV, getönte Scheiben, Lastwagen etc. – oft gar nicht möglich. (Anmerkung der Redaktion)
Der ADFC empfiehlt Radfahrenden im Interesse ihrer eigenen Sicherheit, gegebenfalls auf die Fahrbahn zu wechseln, wenn auf dem Radweg kein ausreichender Abstand zu parkenden Autos möglich ist. Auch auf der Fahrbahn sollten sie stets mit mehr als einem Meter Abstand an parkenden Autos vorbeifahren.
Mehr dazu:
- ADFC: Plötzlich öffnet sich die Autotür
- ADFC: Wie vermeidet man Dooring-Unfälle?
- Fahrradportal: Subjektive Sicherheit im Radverkehr
Update: Ein Radfreund und interessierter Leser unserer Webseite schickte uns Fotos und Anmerkungen zu diesem Unfall
„Autofahrer müssen beim Überholen 1,5 Meter Seitenabstand zu Radlern halten – selbst wenn diese auf einem Radfahrstreifen unterwegs sind.“, so spiegel-online vom 18.01.2019. Das Polizeibild zeigt, dass der LKW vermutlich unmittelbar an dem Radfahrstreifen entlang gefahren ist. Zu dicht. Unfallursache Nr. 1.
Der Pkw war auf dem Sicherheitsstreifen geparkt (Bordsteinkante): zu dicht. Unfallursache Nr. 2.
Der Sicherheitsstreifen ist ungenügend markiert (innerhalb der Parkbucht, kaum zu erkennen) und wird ignoriert. Verantwortlich: Stadt Bochum. Unfallursache Nr. 3.
Und dann kommt die grob fahrlässig geöffnete Tür dazu: Unfallursache Nr. 4.
Handlungsbedarf Sofortmaßnahmen:
- Sicherheitsstreifen ordnungsgemäß und überall markieren (fehlt im 1. Bauabschnitt ganz).
- Durchgehende Mindestbreite des Radfahrstreifens von 1,85 m, besser 2,00 m. (Im Bereich Riemke wird dieses Maß des öfteren unterschritten.